Startschuss für die Definetz-Wanderausstellung

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Gmund. Das Tüfteln hat ein Ende: Die erste Vitrine steht! Sozusagen als Prototyp der geplanten Wanderausstellung von Definetz e.V. ist sie seit Wochenbeginn in der Praxis des Internisten und Notfallmediziners Dr. Christian Pawlak in Gmund am Tegernsee zu sehen.

Der Defi in der Bank. Detail der Tegernseer Vitrine. Foto (c) FdF
Das Rettungsszenario. Foto (c) FdF
Der Defistandort Café. Foto (c) FdF

Erste Vitrine in Arztpraxis am Tegernsee aufgestellt

Wie ein buntes Wimmelbild zeigt der 1×1 Meter große Glaskasten von Vitrine Nummer eins eine lebensecht nachgestellte Szenerie, in der öffentlich zugängliche Defibrillatoren wie selbstverständlich im Alltag der liebevoll arrangierten Playmobil-Männchen eingebaut sind: In der Bank hängt einer, in der Post, im Taxi und sogar im Paketdienst-Lieferwagen.

Eigentlich auch im Café, aber dieser „Defi“ wird gerade nach draußen gebracht, weil auf dem Marktplatz soeben jemand den Plötzlichen Herztod gestorben ist. Und während engagierte Mitbürger sein Herz durch Druckmassage am Schlagen halten, damit es das Gehirn weiter mit Sauerstoff versorgt, machen andere sich bereit, mit dem herbeigeholten Gerät den am Boden Liegenden per Elektroschock ins Leben zurückzuholen. „Zum Glück geht es hier nur um eine Plastikfigur“, sagt Dr. Christian Pawlak, „im echten Leben aber sterben bundesweit pro Jahr 100.000 Menschen am Plötzlichen Herztod. Und die meisten von ihnen könnten gerettet werden, wenn es im öffentlichen Raum mehr Defibrillatoren gäbe und mehr Menschen, die im Notfall beherzt eingreifen.“

Wo stehen schon Defis und wo werden weitere gebraucht?

Genau das ist das Ziel, das der Verein Definetz e.V. mit seiner Ausstellung verfolgt: „Wo stehen Defis? Und wo gehören welche hin?“ präzisiert Internist und Notfallmediziner Pawlak das Anliegen, das auch das seine ist. Denn er ist zugleich Vorsitzender des Arbeitskreises Notfallmedizin und Rettungswesen (ANR) an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der sich neben Förderung und Forschung auch die Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit auf dem Gebiet der Notfallmedizin und des Rettungswesens auf die Fahnen geschrieben hat. „Neben der Frage, wo überall Defibrillatoren stehen sollten, geht es uns auch darum, unsere Mitmenschen über ihren Einsatz zu informieren und mögliche Hemmschwellen abzubauen.“

Playmobilmännchen mit Mini-Defibrillator zeigen, wie es geht.

Kein Wunder also, dass der bayerische Notfallmediziner ein offenes Ohr hatte für das Anliegen des im westfälischen Unna beheimateten Vereins Definetz e.V., dessen Vorsitzenden Friedrich Nölle er bei einem Symposium in München kennen gelernt hat. „Ich hatte ein Playmobil-Männchen mit Defibrillator vor mir stehen“, erinnert sich Nölle, „und er wollte wissen, wo man so etwas bekommt.“ Pawlak erfuhr, dass der Verein sich die Mini-Defibrillatoren von einem lokalen Start-up im 3D-Drucker herstellen lässt und eine Wanderausstellung durch Deutschland vorbereitet, die in individuell konfigurierbaren Vitrinen und immer neuen Settings zeigt, wo im öffentlichen Raum Defibrillatoren hängen und wie sie zum Einsatz kommen. Auch Geschichten erfolgreicher Rettungsaktionen werden erzählt und sind zusammen mit weiteren Informationen per QR-Code abrufbar. „Für all das sind die Playmobil-Installationen ein hervorragendes Medium“, ist Pawlak begeistert, „denn mit ihnen kann man anschaulich und trotzdem beruhigend abstrakt vom Plötzlichen Herztod erzählen – und davon, wie man ihm ein Schnippchen schlägt“.

Elf weitere Standorte rund um den Tegernsee gesucht.

Zum Auftakt hatte der Verein in Zusammenarbeit mit Dr. Christian Pawlak und dem ANR ursprünglich eine große Schau im Kloster Tegernsee angedacht, die aufgrund der Corona-Pandemie aktuell nicht möglich ist. Ausstellungsorganisator Friedrich Nölle: „Wir haben sie daher auf zwölf unterschiedliche Vitrinen aufgeteilt und möchten damit nun eine dezentrale Jahresausstellung mit zehn bis zwölf an zwölf Standorten rund um den Tegernsee organisieren.“ Die Inhalte sollen rotieren, so dass nach Ablauf eines Jahres die gesamte Schau an jedem Ort zu sehen gewesen sein wird. „Wir suchen nun elf weitere Standorte für je eine Vitrine in den kommenden zwölf Monaten“, wirbt der Mediziner Pawlak. Und Organisator Friedrich Nölle ergänzt: „Unsere Vitrinen kann jeder buchen – ob Schule, Verein, Arztpraxis, Bank, Kommune oder Unternehmen. Auch die Anzahl der Schaukästen und ihre Inhalte sind frei konfigurierbar und können den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. So wie der Hintergrund von Vitrine Nummer eins, der das Tegernsee-Panorama zeigt.“

In besagter Vitrine übrigens ist der Einsatz des „Defi“ nicht mehr nötig, denn die Playmobil-Profis im Notarztwagen waren im Handumdrehen vor Ort. „Das ist aber nicht immer so“, warnt Pawlak. „Manchmal vergeht wertvolle Zeit weil in jeder Minute immer mehr Gehirnzellen absterben. Und wenn das Gehrn uber einen gewissen Zeitraum nicht mit Sauerstoff versorgt wird, kommt jede Hilfe zu spät. Mit der Herzdruckmassage, so lange, bis ein Defibrillator geholt ist, der dann das Herz wieder startet, kann aber wertvolle Zeit gewonnen werden. Deshalb ist es so wichtig, dass die Menschen einerseits zum Helfen bereit sind und dass Defibrillatoren möglichst flächendeckend zur Verfügung stehen. Machen Sie mit!

Detailaufnahme der Ausstellungsvitrine am Tegernsee. Foto (c) FdF