Bönen. Mehr als zwei Stunden spielte der Obel in Haus Höing, mehrere Zugaben folgten. Das unermüdliche Energiebündel drehte richtig auf, bis zur totalen Erschöpfung. Sein „Ich kann nicht mehr“ am Ende konnte man ihm getrost abnehmen. Lang anhaltender Beifall für einen irrwitzigen Abend.
Gut neunzig Besucher waren am Freitagabend zu Höing gekommen. Der Obel, alias Andreas Obering aus Hamm – Moderator, Parodist, Komiker und Sänger – hatte zu einer „Lokalrunde“ eingeladen. So lautet der Titel seines neuen Programms, mit dem der Kabarettist mit Altbewährtem und viel Neuem unterwegs ist und den Fragen des Lebens auf den Grund geht, und zwar „im Anfang meiner Hochblüte: nicht mehr so dumm wie früher und noch nicht so krank wie später“, wie er sich vorstellte. Und wer sich so beschreibt, bei dem dauert es nicht lange, bis er sein Publikum im Griff hat. Dabei spielte sich der Totalangriff auf die Lachmuskulatur vor einem ernsten Hintergrund ab. Andreas Obering gehört von Anfang an zu den Unterstützern des Vereins Definetz mit Sitz in Bönen, der für eine flächendeckende Versorgung einer Kommune mit Defibrillatoren mobil macht. „Spontan bereit erklärt“ habe sich der Obel, wie Ideengeber und Motor des Vereins, Friedrich Nölle, sagte, um sich mit diesem Benefizkonzert in den Dienst einer wichtigen Sache zu stellen.
Galoppierte zu Beginn der „Isenbeck-Reiter“ in Reminiszenz an des Obels Heimatstadt in ziemlicher Lautstärke über die Bühne, folgte anschließend Pointe auf Pointe in atemloser Folge. Sprachgewandt, dynamisch, flexibel auf jeden Publikumseinwand reagierend, manchmal mit artistischen Klettereinlagen präsentierte er seinen Zuhörern die wichtigen oder auch nebensächlichen Dinge der Welt. Ob er sich aufregte über das Grauen der Ferienzeit, wenn die Kinder zu Hause sind („Mit Blagen wie diese“) oder vom Drama des Krümelmonsters erzählte, das im Kampf gegen Adipositas keine Kekse mehr in der Öffentlichkeit essen darf – nebenher noch ein kleiner Marsch durch die Historie der Sesamstraße – das Publikum fühlte sich köstlich unterhalten. Auch der Darstellung prominenter Kollegen, die unter ADHS leiden, Politiker, die sich offenbaren (Angelas Abendlied), Besuche von Sportlern wie Giovanni Trapattoni und Boris Becker mit ihren legendären Wortbeiträgen konnten sich auch die eingefleischtesten Lachmuffel nicht entziehen. Während Udo Lindenberg etwas blass blieb, weil er vielleicht nicht genug „intus“ hatte, war ganz großartig der Auftritt von Peter Maffay, treffend interpretiert in Mimik, Gestik und Gesang.
Sind es auch im wesentlichen die Nebensächlichkeiten, denen sich der Obel widmet, geht er dennoch Problemen auf den Grund – schließlich muss man genau hinhören. Der Obel ist ständig auf der Suche nach weiteren Seziermöglichkeiten in seinem Umfeld und allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens. Hinter seiner Unterhaltung verbirgt sich viel Ernsthaftigkeit, wenn auch an manchen Stellen zu viel geblödelt wird. Was bewegt einen Lokalpatrioten, wenn er an Hamm denkt oder einem Süddeutschen zu erklären sucht, wo seine Stadt liegt? Wovon kann man schwärmen bei einem Gang über die Bönener Bahnhofstraße, wenn man sich fragt, was hinter der Bahnschranke liegen könnte? Ob es die Sprachlosigkeit der Facebook-Generation ist oder der um sich greifende gedankenlose Umgang mit unserer Sprache, Fußball für Frauen oder Männer beim Ikea-Einkauf – der Obel brachte seine 90 begeisterten Bönener so auf Touren, dass neben Klatschen, Arme schwenken und lautstarkem Jubel manche bald auf den Tischen getanzt hätten.